Stadtentwicklung als die Wurzel alles Guten

Der Technische Beigeordnete Christian Schweitzer beeindruckte mit Vortrag die Wirtschaftsinitiative. Was muss Stadtentwicklung in den kommenden zwölf Jahren leisten? Wo liegen die wirtschaftlichen Stärken Hemers als Wirtschaftsstandort? Was sind die Probleme?

Aber auch: Von welchen Vorstellungen und Illusionen sollte man sich verabschieden? Christian Schweitzer hat im Rahmen der Jahreshauptversammlung der Wirtschaftsinitiative am Donnerstag im Alten Casino eine umfassende, kenntnisreiche und meinungsscharfe Bestandsaufnahme der Situation der Stadt sowie der dringendsten Aufgabenstellungen geliefert. Der Technische Beigeordnete der Stadt Hemer erhielt dafür am Ende seines über einstündigen Vortrages mit dem Titel „Hemer 2030“ nicht nur viel Beifall, sondern viele der knapp 60 Vertreter von Unternehmen und Institutionen zollten Schweitzer Anerkennung für seine Analysen, die zugleich teilweise eine konkrete Handlungsanweisung für ein sinnvolles Stadtmarketing darstellten, das sich die Wirtschaftsinitiative unter anderem auf die Fahnen geschrieben hat.

Als zentralen Punkt der Stadtentwicklung nannte Schweitzer die Schaffung neuer Gewerbeflächen, da die Reserven innerhalb der Stadt rasant zur Neige gehen – die ausgewiesenen und noch freien Flächen in der Eisenbahnschleife, an der Edelburg sowie im Gewerbepark Deilinghofen bieten laut Schweitzer keine mittel- und langfristigen Chancen auf Ansiedlung neuer Unternehmen. Christian Schweitzer warb deshalb persönlich dafür, auch auf dem ehemaligen Militärgelände nördlich des Lärmschutzwalles in Deilinghofen die Schaffung eines Industriegebietes zu betreiben. Dieses könne ein geeigneter Standort auch für Firmen sein, die aufgrund ihrer Lärm- und Schadstoffimmissionen nicht in der Nähe von Wohnbebauung angesiedelt werden können.

Laut Schweitzer sind weitere Gewerbeflächen aber nicht nur für Unternehmen erforderlich, die von außerhalb nach Hemer kommen, sondern auch etablierte, die wachsen möchten und das an ihren bisherigen Standorten aus Platzmangel und anderen Gründen nicht können. „80 Hektar unserer derzeitigen Gewerbeflächen liegen in Gemengelagen mit den daraus resultierenden Problemen“, gab Schweitzer zu bedenken Seine Schätzung: „Bis 2030 benötigen wir etwa 50 Hektar zusätzlicher Gewerbeflächen.“

Der Schlüssel für die Gewerbeflächen auf dem Duloh und die Vermarktung der bestehenden Grundstücke in der Eisenbahnschleife sei die Verkehrserschließung, sagte Schweitzer. Für die Eisenbahnschleife empfahl er als ersten Schritt eine neue Straße nördlich des Sportplatzes zur Iserlohner Straße, als langfristige Lösung eine Nord-Süd-Verbindung von der Iserlohner Straße zur B7 beziehungsweise A46. Ob dies als eine Hemeraner Westtangente oder eine Iserlohner Osttangente realisiert werde, sei im Grunde nachrangig, so Schweitzer, wobei er die Machbarkeit einer Iserlohner Tangente letztlich größer einschätze.

Bevölkerungsschwund möglichst niedrig halten

Solche Projekte seien nicht von heute auf morgen zu verwirklichen, räumte Christian Schweitzer ein, aber sie dürften keineswegs aus dem Auge verloren werden. Die Möglichkeit wirtschaftlichen Wachstums sei Grundvoraussetzung für eine positive Stadtentwicklung. Für die stelle sich auch die Herausforderung, den Bevölkerungsrückgang, der nicht nur auf Hemer zukomme, möglichst gering zu halten. Eine realistische Chance diesen Rückgang entgegen aller demografischen Trends durch mehr Geburten aufzuhalten, sieht Schweitzer nicht. Gesteuert werden könne höchstens die Zu- und Abwanderung von Familien. Für eine positive Entwicklung bedürfe es aber viele attraktiver Faktoren, von denen Arbeitsplätze ein besonders wichtiger sei. Entscheidend für Familien sei aber auch ein Angebot an preiswertem Wohnraum, eine intakte Schullandschaft sowie vielfältige Freizeitangebote. Gerade letzteres sei mit dem Sauerlandpark und vielen Wald- und Grünflächen ein Pfund, mit dem Hemer wuchern könne.

Dringend mahnte Christian Schweitzer – wie schon so oft –, das städtische Vermögen zu erhalten und Geld in die Sanierung und Pflege von Straßen und Gebäude zu stecken. Das scheine nach außen oft wenig spektakulär, sei dennoch aber unerlässlich und „konservativ“ im besten Sinne.

Innenstadt mit einer schrumpfenden Einkaufszone

Keine Antwort habe er dafür, wie langfristig mit der Innenstadt umzugehen sei, gab Christian Schweitzer zu. Der Sauerlandpark mit seinem hohen Aufenthaltswert habe die Innenstadt als Treffpunkt für viele Bürgerinnen und Bürger abgelöst, die Fachmarktzentren an der Bahnhofstraße sowie der Internethandel binde Kaufkraft. Die gewohnte Einkaufs- und Geschäftszone muss vermutlich reduziert werden auf den Bereich zwischen Sparkasse und Altem Markt, für die obere und untere Hauptstraße langfristig neue Nutzungen gefunden werden, spekulierte der Beigeordnete.

Wirtschaftsinitiative wünscht den Erhalt des Stadtbetriebs

Vor dem Vortrag von Christian Schweitzer und einem Imbiss hatte der Vorsitzende der Wirtschaftsinitiative Georg Verfuß die Regularien der Hauptversammlung zügig abgehandelt. Er skizzierte die vielfältigen Aktivitäten der Wirtschaftsinitiative und nannte als weitere Ziele die Fortsetzung des Breitbandausbaus, die Bemühungen um das Stadtmarketing sowie die Beteiligung Hemers an der Regionale 2035. Die Entwicklung entsprechender Konzepte und Ideen werde die Wirtschaftsinitiative im kommenden Jahr allein mit 5000 Euro unterstützen.

Zur Zukunft des Märkischen Stadtbetriebs SIH bezog Verfuß eindeutig Position. In Briefen an die Bürgermeister Heilmann und Ahrens habe die WI bereits die Fortsetzung der interkommunalen Zusammenarbeit gefordert. Verfuß begrüßte es, dass das von der Wirtschaftsinitiative geforderte zusätzliche Stadtfest im kommenden Frühjahr stattfinden könne und teilte erfreut mit, dass sechs weitere Firmen der Initiative beigetreten seien.

Für den Einzelhandelsausschuss berichtete Rainer Wiesemann über eine positive Entwicklung beim Verkauf der Hemer-Gutscheine der alljährlich um 10 bis 15 Prozent steige. Der Gutschein biete eine gute Möglichkeit, den Abfluss von Geld in die Nachbarstädte oder das Internet zu bremsen.

Nach dem Bericht des Schatzmeisters Jörg Kötter, der einen Vermögensstand der Wirtschaftsinitiative von 44755 Euro meldete, stand der einstimmigen Entlastung des Vorstandes nichts mehr im Wege. Die Wirtschaftspläne im Umfang von 27000 Euro für das laufende und 34000 Euro für das kommende Jahr wurden ebenfalls einstimmig verabschiedet, ebenso einmütig verlief die Wahl des Beirates.

Die beiden Gremien der Wirtschaftsinitiative

Der Vorstand der Wirtschaftsinitiative, der nicht zur Wahl stand, setzt sich aus Georg Verfuß (Vorsitzender), Peter Meyer (stellv. Vorsitzender), Jörg Kötter (Schatzmeister), Rainer Wiesemann (Vorsitzender Einzelhandelsausschuss) sowie Karl-Heinz Lenninghaus (Beisitzer) zusammen.

Der Beirat setzt sich wie folgt zusammen: Ute Berkenhoff und Jürgen Vogel (Vorsitzende) sowie Thomas Berndt, Robert Hallatsch, Klaus Hennecke, Frank Herrmann, Engelbert Himrich, Martin Kaut, Stefan Körber, Uwe Meese, Monika Otten, Silke Schulenburg, Johannes Stöwe, Thomas Wessel, Dr. Michael Neubauer und Oliver Pohl.

Quelle: IKZ Reinhard Köster
Fotos: Oliver Pohl