Am Mittwochabend sind noch viele weitere dazugekommen. Gefragt waren diesmal Vertreter von Unternehmen und Institutionen. Und die haben in der „Wirtschaftswerkstatt“ mitunter ihren ganz eigenen und analysierenden Blick auf die Dinge.
Über 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten Bürgermeister Michael Heilmann und Alfred Körbel vom Büro „plan-lokal“, das bei der Erstellung des Stadtentwicklungskonzeptes federführend ist, im Forum der Firma Verfuß begrüßen. Und die gingen nach der obligatorischen Einführung und Vorstellung der Arbeitsmethode zur Sache.
Zu den drei Themenfeldern „Wirtschaftsstandort“, „Vernetzung und Verkehr“ sowie „Arbeiten und Wohnen“ wurde in Gruppen diskutiert und Kritik und Vorschläge auf den schon aus den Stadtteilwerkstätten bekannten Klebezetteln notiert und an drei Pinnwände geheftet. Nach über einer Stunde wurde dann eine vorläufige Bilanz gezogen. Deren wichtigste Erkenntnis: Die Unternehmen haben natürlich klare Vorstellungen davon, welche Missstände in den kommendenden Jahren möglichst beseitigt werden sollten, haben aber auch durchaus erkannt, dass der Wirtschaftsstandort Hemer schon jetzt Vorteile bietet und Potenzial für eine positive Entwicklung in der Zukunft.
Verkehrsanbindung und Breitband liegen im Argen
Immer wieder im Fokus der Kritik steht die mangelhafte Verkehrsinfrastruktur. Das reicht von dringend geforderten Weiterbau der A46 über eine neue Straße am westlichen Stadtrand, die Beschleunigung oder Reduzierung des Durchgangsverkehrs bis zur besseren Erreichbarkeit einzelner Firmen für Lieferverkehr. Ebenfalls bemängelt werden nach wie vor Defizite bei der Breitbandversorgung, die in manchen Stadtteilen für Privatleute inzwischen ausreichend sei, nicht aber für die Bedürfnisse von Unternehmen, die auf Gedeih und Verderben auf leistungsfähige Kommunikationsstrukturen angewiesen sind. Weitere Schwäche des Wirtschaftsstandortes ist der Fachkräftemangel, auch wenn das natürlich nicht nur Hemer betrifft, sowie nicht ausreichende Gewerbeflächen, die für Neuansiedlungen und Erweiterungen zur Verfügung stehen.
Punkten kann Hemer als Wirtschaftsstandort vor allem eher weichen Faktoren wie bezahlbarem Wohnraum, der die heimischen Firmen für Mitarbeiter interessant macht, mit attraktivem Freizeitangeboten – insbesondere dem Sauerlandpark, der in der Region ein Alleinstellungsmerkmal sei.
Zwiespältig fällt die Beurteilung der Einkaufstadt Hemer aus. Den vielen kostenlosen Parkplätzen stehe eine Verarmung des Einzelhandelsangebotes gegenüber. So wurde unter anderem der Vorschlag laut, den zunehmenden Leerständen in der traditionellen Einkaufsmeile mit einem Gesamtkonzept zu begegnen, beispielsweise einer Reihe von Outlet-Geschäften. Ebenfalls als Plus empfinden einige Wirtschaftsvertreter die vergleichsweise geringe Kriminalität in Hemer, die den Bürgern noch ein erhöhtes Sicherheitsgefühl beschert. Auf der anderen Seite wurde aber auch die Entschärfung von innerstädtischen Angsträumen wie der Unterführung zum ZOB oder den Radweg zwischen Ostenschlah- und Hönnetalstraße empfohlen.
VHS-Chef Achim Puhl konfrontierte die Runde mit der Frage, ob es für Hemer ausreiche, für die nächsten Jahrzehnte allein auf das Standbein Industrie zu setzen, und ob nicht auch der Dienstleistungssektor sich entwickeln müsse, gerade vor dem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft. Doch die Skepsis, dass es in der Stadt künftig überhaupt ausreichend Abnehmer für solche umfangreichen Dienstleistungen geben könne, scheint groß zu sein. Auch Bürgermeister Michael Heilmann ließ keinen Zweifel daran, dass er sich eine Stadt Hemer mit weniger produzierendem Gewerbe kaum vorstellen könne: „Dafür müssen wir allerdings die notwendigen Rahmenbedingungen herstellen“, so der Bürgermeister.
Im Frühjahr geht es in die Konzept-Phase
Sämtliche gesammelten Anregungen und Vorschläge werden nun von Alfred Körbel und seinem Team aufgearbeitet und ebenso wie die Erkenntnisse aus den Stadtteilwerkstätten und die Plattform (www.plan-portal.de/hemer) eingestellt. Wobei der Zeitplan für die weitere Erarbeitung des Stadtentwicklungskonzeptes sich noch etwas verschieben kann, wie Alfred Körbel einräumte. Grund sei der so nicht erwartete Umfang der aktiven Beteiligung der Bürger und jetzt auch der Wirtschaftsvertreter. Voraussichtlich im April oder Mai geht es nach der jetzt abgeschlossenen Analyse-Phase ist die Konzept-Phase, in der in neuerlichen Werkstätten konkrete Maßnahmen zur Verbesserung entwickelt werden. Nach der Sommerpause sollen es zu diesem Zweck auch noch einmal eine Wirtschafts-Werkstatt geben.
Quelle und Bilder: IKZ Reinhard Köster