In einer Pressekonferenz erläuterten Hubertus Jaeger (li.) von der DGD-Stiftung und Hemers Bürgermeister Christian Schweitzer die Auswirkungen der „freundlichen Übernahme“.

„Versorgung und Arbeitsplätze sind gesichert“

Bei Übernahme der Paracelsus-Klinik durch die Lungenklinik gab es viele Sorgen zu entkräften und Antworten zu geben.
Die Nachricht ist ein echter Paukenschlag: Der Deutsche Gemeinschafts-Diakonieverband (DGD) im Unternehmensverbund der DGD-Stiftung, zu dem auch die Lungenklinik gehört, übernimmt 100 Prozent der Geschäftsanteile an der Paracelsus-Klinik Hemer.
Der Plan: Das Akut-Krankenhaus soll in die Lungenklinik integriert werden, künftig soll es ein Krankenhaus, aber mit zwei Standorten in Hemer geben. Hubertus Jaeger, Kaufmännischer Vorstand der DGD-Stiftung, versprach: „Sowohl die Grund- und Regelversorgung der Bürger, als auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter sind sicher. Alle Arbeitsverträge bleiben bestehen. Es handelt sich um eine Win-Win-Situation für beide Häuser – und für die Stadt“. Das Unternehmen Paracelsus-Klinik gehe als Ganzes an die DGD über.
Große Freude herrschte beim Bürgermeister und den Vertretern der Ratsfraktionen über die Übernahme. „Mit dem Schritt sichern wir vorausschauend die Grund- und Regelversorgung in der Stadt und die rund 800 Arbeitsplätze“, sagte Christian Schweitzer. Bei den Verhandlungen habe es einen „Strauß an Herausforderungen“ gegeben, aber die Lösung sei ein „absolutes Erfolgsprodukt“.
Dem Abkommen stehe seitens der Stadt nichts mehr entgegen: Der Haupt- und Finanzausschuss habe in seiner vergangenen Sitzung einstimmig seine Empfehlung zur Zustimmung ausgesprochen, nächsten Dienstag soll, so der Bürgermeister, die abschließende Entscheidung im Rat fallen.
Dr. Martin Siebert, Vorsitzender der Geschäftsführung Paracelsus-Kliniken Deutschland, blickte auf die schwierigen Zeiten zurück, durch die die Kliniken in den Jahren 2017/18 gegangen sei und die schließlich zur Insolvenz geführt hatten. 2018 erfolgte dann die Übernahme der Klinikgruppe durch die Schweizer Porterhouse Group.
Jetzt also die DGD, ein Klinik-Träger mit christlicher Ausrichtung (siehe Kasten). Zu den Gründen sagte Dr. Siebert: „2020 hat uns Corona erwischt. Das konnten wir durch den damaligen Rettungsschirm der Regierung noch ganz gut überbrücken, aber als dann die Leistungen ausliefen, wurde die wirtschaftliche Lage wieder schlecht.“
Man habe seit 2021 an alternativen Lösungen gearbeitet und schon früh über konzeptionelle Veränderungen und Alternativen nachgedacht. Durch viele Gespräche mit Hubertus Jaeger und der DGD sei eine Vertrauensbasis gewachsen, und man habe versucht, Vorteile für die Zukunft zu schaffen, die auch die sich verändernde Krankenhauslandschaft vorausnehmen würden. „Wir wollten vor der Welle marschieren und unser Schicksal selbst in die Hand nehmen und nicht erst auf den Druck der Politik warten“, so Dr. Siebert. Es handle sich um zwei Partner, die „inhaltlich, regional und von der Unternehmenskultur“ gut zusammenpassten. Man denke, dass dadurch der Standort gesichert sei.
Hubertus Jaeger erklärte die Hintergründe der Übernahme und verwies auf die Schwierigkeiten, mit denen gerade kleine Krankenhäuser konfrontiert seien. Es sei deshalb sinnvoll, nicht mehr gegenseitig in den Wettbewerb zu treten, sondern zusammenzuarbeiten. „Die Lungenklinik ist fachlich und wirtschaftlich gut aufgestellt, aber auch wir leben nicht im luftleeren Raum, und deshalb haben wir uns mit der Paracelsus-Klinik ergebnisoffen zusammengesetzt, um für beide Häuser eine Alterative und für die Patienten eine hochqualitative Versorgung zu sichern“, so Jaeger.

Ziel ist es, die Fixkosten zu senken
Betriebswirtschaftlich seien besonders die Fixkosten ein Problem: „Aber je größer man wird, desto mehr kann man die Fixkosten senken.“ Die Entfernung der beiden Häuser, rund 600 Meter Luftlinie, seien kein Problem, das habe man bei großen Krankenhäusern zwischen den einzelnen Instituten auch. Positiver Nebeneffekt für die Lungenklinik: „Durch die Zusammenarbeit rücken wir näher an die Stadt heran. Wir sind das Krankenhaus für die Hemeraner.“
Auch Dr. Claudia Fremder aus dem Vorstand der DGD unterstrich, dass die Grund- und Regelversorgung gesichert sei, aber es hieße auch, dass „manche gewachsenen Leistungen an der Lungenklinik nicht weiterbetrieben werden könnten.“ Dr. Michael Westhoff, Ärztlicher Direktor der Lungenklinik, dankte der Stadt, „dass sie den Prozess so gut begleitet haben.“ Er sei zuversichtlich, da seit Jahren eine gute Zusammenarbeit zwischen den Kliniken bestünde. Barbara Bieding, Klinikmanagerin der Paracelsus-Klinik, berichtete von der Stimmung der Belegschaft, die am Dienstag über die Übernahme informiert worden war: „Es hat danach keine Schockstarre bei den Mitarbeitern gegeben.“ Manche hätten freudig, andere abwartend reagiert – was aber verständlich sei, da es sich um etwas Neues handle.
Auf Nachfrage der Heimatzeitung äußerte sich Bürgermeister Christian Schweitzer auch zu einer brisanten Frage, die zuvor unausgesprochen geblieben war: Was ist mit der Bürgschaft für die Paracelsus-Klinik? Wird diese ebenfalls von der DGD übernommen?
Zur Erinnerung: Die Stadt Hemer hatte 1984 bei dem Verkauf der damals städtischen Klinik an Paracelsus eine Bürgschaft im zweistelligen Millionenbereich zur Altersvorsorge der Belegschaft übernommen, die bei einem Konkurs fällig geworden wäre. Dies hatte 2018 nach der Insolvenz des Konzerns dafür gesorgt, dass der städtische Haushalt zwischenzeitlich vom Märkischen Kreis auf Eis gelegt worden war. Die Stadt hatte zunächst gezögert, der Übernahme der insolvent gegangenen Paracelsus-Klinik durch Porterhouse aus der Schweiz zuzustimmen, überlegte es sich dann aber doch. Durch die Übernahme galt die Gefahr, die Bürgschaft bezahlen zu müssen, als gebannt. Und jetzt? Übernimmt die DGD die Bürgschaft?

Wie geht es mit der Bürgschaft der Stadt weiter?
Es handle sich um ein sehr komplexes Thema, so der Bürgermeister. Man habe 1985 eine Verpflichtungserklärung gegenüber der Versorgungskasse abgegeben, weil das Krankenhaus damals ein städtisches Krankenhaus gewesen sei.
„Diese Verpflichtungserklärung und das Risiko für die Stadt Hemer bestehen weiterhin“, so Schweitzer. Das sei eine Voraussetzung für die Übertragung gewesen.
Für die Bürgschaft habe es damals Absicherungen gegeben, und es sei eine Herausforderung in den Gesprächen mit der DGD gewesen, „die Verpflichtungen gleichrangig abzusichern“. Hier habe man in konstruktiven Gesprächen eine Lösung gefunden, so „dass wir vergleichbar und gut abgesichert sind wie bisher“, so Schweitzer.
Erstmalig sei es durch Verhandlungen gelungen, eine Deckelung des Risikos zu erreichen, es sei nun „beherrschbarer“. Ohne „Deckel“ wäre das Risiko, das heißt die Summe, für die die Stadt im Fall einer Insolvenz einspringen müsste, zum Beispiel durch steigende Lohnkosten, immer weiter gestiegen. Die Höhe der Summe wurde auch diesmal nicht genannt, es handle sich um eine dynamische Zahl, die sich immer weiter verändere und im zweistelligen Millionen-Bereich bewege, so Schweitzer.
Nochmals eine Nachfrage zum Schluss an Hubertus Jaeger: Sind die Arbeitsplätze in beiden Häusern sicher? Antwort: „Das können wir so bestätigen.“

Quelle: IKZ Miriam Mandt-Böckelmann

 

Fakten zu den Kliniken

Die Paracelsus-Klinik Hemer verfügt über vier Normalstationen A + D (internistisch), B + C (chirurgisch), eine Intensivstation und eine Neurologische Station.
Insgesamt gibt es 134 Betten. Die palliativmedizinische Betreuung ist eine Besonderheit und bietet seit dem Jahr 2009 die Möglichkeit der individuellen Betreuung von bis zu acht Palliativpatienten.
300 Mitarbeiter arbeiten am Standort Hemer. Die Paracelsus-Kliniken sind eine deutsche Klinikgruppe mit Hauptsitz in Osnabrück und zählen mit ihren 37 Einrichtungen an insgesamt 19 Standorten zu den großen privaten Klinikträgern in Deutschland.
Bundesweit betreuen insgesamt rund 4500 Mitarbeiter jährlich mehr als 90.000 stationäre Patienten.

Die Lungenklinik Hemer gehört zum Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverband GmbH (DGD GmbH) im Unternehmensverbund der DGD-Stiftung: Die DGD-Kliniken sind eingebunden in das DGD-Netzwerk, das mit seinen diakonisch-missionarischen Einrichtungen und Initiativen eine über 120-jährige Geschichte hat.
Das Motto der Stiftung lautet: „Dankbar Gott dienen.“
Die DGD Lungenklinik Hemer ist ein Fachkrankenhaus mit überregionalem Versorgungsauftrag. In den fünf Fachabteilungen werden jährlich über 10.000 Fälle ambulant und stationär versorgt.

  • Bettenzahl: 223
  • Fallzahlen: Stationär: 8350,
  • Ambulant: 2500
  • Mitarbeiterzahl: 478 (355 Vollkräfte)

Quellen: Internetseiten der beiden Klinik-Gruppen, Wikipedia

In einer Pressekonferenz erläuterten Hubertus Jaeger (li.) von der DGD-Stiftung und Hemers Bürgermeister Christian Schweitzer die Auswirkungen der „freundlichen Übernahme“.