Regierungspräsident informiert bei der Wirtschaftsinitiative. Verkehrsproblematik belastet die Unternehmen. Gefährdet der Wanderfalke die Sprengung der Rahmedetalbrücke? Diese eher Randnotiz beim Treffen der Wirtschaftsinitiative Nordkreis (WIN) wurde am Montag zum Aufreger. Wäre die erste „After-Work-Veranstaltung“ nur einen Tag später terminiert worden, hätte der Planungsstopp des Landes für die A 46 für Zündstoff gesorgt, denn die Sorgen um die heimische Infrastruktur sind groß. Regierungspräsident Heinrich Böckelühr war prominenter Gast und machte bei der WIN quasi seinen Antrittsbesuch in der Region.
So konnten sich Gudrun Winner-Athens als WIN-Vorsitzende und Jürgen Vogel als Gastgeber der Vogel Elektromaschinenbau GmbH bei der Premiere des nachmittäglichen Treffens über einen vollen Tagungssaal im Hemeraner Firmensitz freuen. Auch Landrat Marco Voge, Iserlohns Bürgermeister Michael Joithe und Bürgermeister Christian Schweitzer lauschten nach der Vorstellung des Unternehmens Vogel den Worten des Regierungspräsidenten zum Thema: „Was uns in der Region umtreibt?“.
Wöchentlich erreichen 1300 Flüchtlinge NRW
„Wir müssen die Dinge miteinander so gestalten, dass wir uns in der Region, in der wir leben, auf Dauer wohlfühlen“, sagte Heinrich Böckelühr einleitend. Seine kommunale Brille wolle der ehemalige Bürgermeister von Schwerte dabei als neuer Regierungspräsident nicht absetzen, manchmal sei es auch in Düsseldorf, Berlin oder Brüssel gut, sie aufzuhaben. Beim Blick auf seine Arnsberger Behörde sei vor allem die landesweite Zuständigkeit für Flüchtlinge eine Herausforderung. Mit 400.000 seien 2022 mehr Menschen aufgenommen worden als zu den Höhepunkten 2015/16. NRW habe bereits 224.000 Ukrainer untergebracht. Aktuell erreichen rund 1300 Flüchtlinge in der Woche NRW. „Es gibt nach wie vor einen ungebremsten Zulauf“, so der Regierungspräsident. Unterbringung und Integration seien die großen Herausforderungen. Wie die Unterbringung gelingen könne, wenn der Wohnungsbau derzeit eine Vollbremsung mache, merkte Georg Verfuß kritisch an.
Wenn 2024 10.000 geflüchtete Kinder das schulpflichtige Alter erreichen, werde das zu einem großen Problem. „Wir müssen Integration schaffen durch Sprache und Arbeit“, betonte Böckelühr. Das sei auch hinsichtlich des Fachkräftemangels in der Region wichtig, warb er für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft als wichtigen Partner für Ausbildung und Qualifikation.
Brütender Wanderfalke unter der Rahmedetalbrücke
Dann wurde der Wanderfalke an der Rahmedetalbrücke zum aktuellen Aufhänger für die Verkehrsproblematik in der Region. „Wenn der Wanderfalke nicht fertig ist mit Brüten und Schlüpfen, wird am 7. Mai nicht gesprengt“, machte Heinrich Böckelühr auf ein neues naturschutzrechtliches Problem aufmerksam. Landrat Marco Voge bestätigte bei der WIN, dass die Vergrämungsversuche mit Flatterband unter der Brücke offenbar nicht erfolgreich gewesen seien, sagte aber nichts zu den Folgen.
Auf Nachfrage bestätigt der Märkische Kreis, dass nach Sichtungen des Wanderfalken zur Zeit nicht ausgeschlossen werden könne, dass auf der Rahmedetalbrücke Eier abgelegt wurden. In enger Abstimmung zwischen Unterer Naturschutzbehörde und Fachornithologen sei daher entschieden worden, die eigentlich vorgesehenen Maßnahmen zur Vergrämung einzustellen und einen eventuellen Bruterfolg abzuwarten. „Für diesen Fall bereitet die Autobahn GmbH vorsorglich Maßnahmen vor, um Jungvögel umzusiedeln und damit dem gesetzlichen Artenschutz Rechnung zu tragen. Dies würde so rechtzeitig geschehen, dass der Sprengtermin dadurch nicht tangiert wird“, teilt der Kreis mit.
Unabhängig vom Wanderfalken und Sprengtermin bezeichnete der Regierungspräsident die Unterbrechung der A 45 als „absolute Katastrophe“ mit Auswirkungen weit über Südwestfalen hinaus. Gemeinsam müsse für den Neubau Gas gegeben werden.
„Wenn wir keine Handelswege haben, werden wir irgendwann auch keine Produktion und keinen Handel haben“, blickte Gudrun Winner-Athens auf die Infrastruktur. Der Planungsstopp für die A 46 war dabei noch nicht bekannt.
Einen weitere Fokus legte der Regierungspräsident auf die Überarbeitung des Regionalplans, der neue Flächen fürs Wohnen, Gewerbe und erneuerbare Energien vorsehen müsse. Kritisch blickte Böckelühr auf die vielen Förderprogramme und die dadurch bedingte Arbeitsbelastung in den Behörden. Allein in Arnsberg müssten 350 Förderprogramme bearbeitet werden. Beim Digitalisierungspakt müssten Mitarbeiter anschließend stichprobenartig die Router und Whiteboards in Schulen kontrollieren. Bei Heizöl- und Pellethilfe seien Millionen Anträge zu erwarten. „Diesen Dschungel müssen wir eindampfen“, so der Regierungspräsident.
Quelle: IKZ Ralf Engel